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Dori - Vom Schatten ins Licht

Sziasztok! Hallo, ich bin Dori.

Ich bin eine waschechte Ungarin und meine Geschichte ist die eines abenteuerlichen Lebens hin bis zu meiner neuen Heimat.

Als ich ein Welpe war hat mir meine Mama oft erzählt das ich eine Prinzessin bin und einmal wenn ich groß bin mich ganz viele Leute kennen werden. Diese Geschichte habe ich immer sehr gemocht und mir das ganz toll vorgestellt! Aber hätte mir meine Mama als ich klein war erzählt, dass ich mal nach Deutschland "auswandere" und als Hundemodel in einem Fotostudio sitze, während mir die Leckerlies nur so um die Ohren fliegen, ich hätte wohl geglaubt sie erzählt mir ein Märchen. Nun, es sollte doch so kommen aber dazu später mehr. Fangen wir erstmal von vorne an...

 

Ich bin in Ungarn geboren und aufgewachsen als sogenannter "Straßenhund". Ganz ehrlich? Ich mag das Wort nicht sonderlich, denn Straße, dass bedeutet für uns Gefahr. Es ist eines der ersten Dinge, die wir in unserem harten Leben lernen müssen: Halte dich von den Straßen mit den großen schnellen Blechmonstern fern! Sie sind laut, sie stinken und sie beißen. Ich habe viele gesehen, die von ihnen erwischt wurden, Familienmitglieder, Freunde und Fremde. Manche hatten Glück und kamen mit dem Schrecken davon, manche jedoch sind danach einfach liegen geblieben. Schwer verletzt hatten sie kaum eine Chance den täglichen Kampf ums Überleben weiter zu bestreiten. Doch mitunter passierte ein Wunder und sie erholten sich wieder. Leider passierte dies jedoch viel zu selten. Viele sind nach dem sie von einem Blechmonster gebissen wurden einfach eingeschlafen. Ich habe versucht sie zu wecken aber egal wie sehr ich es versucht habe, ich habe es nie geschafft.

 

Meine Mama hat mir früher immer erzählt, dass die leuchtenden Dinger die man nachts am Himmel sehen kann Hunde sind, die von den Blechmonstern gebissen wurden und daraufhin für immer eingeschlafen sind. Jeder funkelnde Punkt ist eine Hundeseele. Wir haben oft dagesessen und sie beobachtet und uns dabei vorgestellt, wie sie über uns wachen. Das hat uns neuen Mut gegeben. Und den braucht man, wenn man auf der Straße lebt. Furchtlosigkeit, sich jeden Tag der Gefahr entgegenzustellen und nach etwas zu essen zu suchen. Sich heimlich um Häuser und Gaststätten zu schleichen und Mülleimer nach Futter abzuklappern, immer auf der Hut vor den Menschen, die uns nur allzu oft traten oder mit Steinen nach uns warfen. Man brauchte auch Mut loszuziehen ohne zu wissen ob man wiederkommt, ob man sein Rudel wieder so vorfindet wie man es verlassen hat. Wir waren zwar oft zusammen unterwegs aber manchmal trennten wir uns auch und gingen tagsüber unsere eigenen Wege. Manchmal sind wir im Schatten der Vormittagssonne losgezogen und als wir uns am Abend wieder trafen, fehlte einer von uns. Abschiede immerzu, mein Leben bestand daraus und so war es wohl mein Schicksal, dass ich eines Tages von Hundefängern erwischt wurde. Ich hatte gerade eine Mülltonne nach essbarem durchwühlt, als ich plötzlich eine Schlinge um meinen Hals fühlte. Ich wollte noch wegspringen aber ich hatte keine Chance, denn blitzschnell zog sie sich zusammen! Ich zog und zerrte, biss wild um mich, vergebens - sie nahm mir mit jedem Versuch zu entkommen mehr die Luft. So ließ ich mich schließlich erschöpft fallen und ergab mich den Häschern. Den Ort an den ich nun gebracht wurde, kannte ich auch von den Geschichten die wir uns gegenseitig erzählten und ich wusste dass die Schlinge um meinem Hals erst der Anfang war. Mittlerweile weiß ich sogar wie ihr diesen grausamen Platz nennt: Tötungsstation. Ein gruseliges Wort bei dem sich mir alle Nackenhaare aufstellen. Ich kam in einen Käfig oder wie ihr sagt "Zwinger" in dem schon ein paar andere arme Seelen saßen, die auch das Pech hatten eingefangen worden zu sein. Sie erzählten mir dass die Sonne 14 mal auf- und untergeht, dann kommen sie dich holen und geben dir etwas, dass dich für immer einschlafen lässt. Dann wirst du auch zu so einem funkelnden Ding am Nachthimmel. Ich weiß nicht was schlimmer war, die Vorstellung was passieren würde wenn sie mich holen oder der Ort selbst. Es war laut, stickig, überfüllt und es stank fürchterlich! Manche hier hatten sich schon aufgegeben und lagen nur noch zusammengekauert in einer Ecke - sie hoben nicht mal den Kopf um etwas zu trinken. Sie wollten nur noch weg, auch wenn dies den Tod bedeutete.

 

Diesen Ort werde ich nie vergessen. 

 

Ich weiß nicht warum aber das Schicksal hatte Erbarmen mit mir, denn wenige Tage nach meiner Ankunft kamen ein paar Menschen und holten mich. Ich dachte erst ich hätte mich verzählt, und die Sonne wäre schon 14 mal auf- und untergegangen. Aber komischerweise gingen wir nicht zu der Tür hinter der der Tod auf uns lauerte, denn wer einmal durch sie hindurch musste kam nie wieder. Nein, wir gingen von ihr und dem grauenhaften Ort weg. Mit jedem Schritt den wir uns weiter entfernten wuchs in mir mehr und mehr die Hoffnung. Die Menschen die mich abholten luden mich in ein Blechmonster in dem schon andere Hunde saßen und fuhren mit uns davon. Es verging viel Zeit bis ich wieder heraus durfte, nur zwischendrin hielten wir kurz und ich konnte mir schnell die Beine vertreten. Dann endlich kam mein großer Moment: Ich lerne meine Menschen kennen! Menschen, die lieb zu mir waren, ruhige Stimmen, Hände die streichelten. Ich dachte erst ich träume und am Ende bin ich doch noch so ein funkelndes Ding geworden aber dass der Gedanke quatsch war, wurde mir klar als ich etwas zu essen bekam.  Wieso sollte man denn essen wenn man eigentlich für immer schläft? Ich musste also noch immer am Leben sein! Sollte ich nun wirklich in Sicherheit sein? Ich konnte mein Glück kaum fassen!

 

Heute erzählen mir meine Menschen manchmal, dass ich anfangs noch oft Angst hatte und es mit mir nicht gerade leicht war. Aber - und das ist das Wichtigste - dann sagen sie mir auch jedes mal wie lieb sie mich haben und dass sie mich immer beschützen werden und nie wieder hergeben. Das lässt mein kleines Hundeherz vor Freude hüpfen, denn ich liebe sie über alles, sie sind jetzt meine Familie. Ihnen vertraue ich voll und ganz. Und so war ich zwar aufgeregt aber habe mich auch gefreut als wir zu der Frau mit dem Fotoapparat gefahren sind. Sie hat sich meine Geschichte angehört und ganz viele Fotos von mir gemacht. Und das Beste, es gab reichlich Leckerlies für mich.  So wurde das Märchen aus meiner Welpenzeit doch noch wahr!

Wenn meine Mama das nur wüsste, sie wäre sicher sehr stolz auf mich...

 

 

Das Urheberrecht für Foto und Text liegt bei Lysann Morgenstern Fotografie

 

Hintergrundinformation:

 

Dori wurde vom Verein Pcas gerettet, wie viele andere Hunde auch. Leider sterben jedes Jahr trotzdem noch immer unzählig viele Tiere in den ungarischen Tötungsstationen. Pcas ist ein seriöser Verein, der über den gesamten Zeitraum der Vermittlung, von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zur Übergabe des Tieres und auch danach noch als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Es wird kein Tier ohne Vorkontrolle vermittelt und auch danach wird man bei Problemen nicht im "Regen stehen gelassen". 

 

Über Pcas: http://www.pcas-hundehilfe.de

Video von Victoria van Violence, vor Ort in Ungarn mit Pcas, bei zwei Tötungsstationen: PCAS  /  Ungarische Tötungsstationen für Hunde

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